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"Ein Weltbad wie Pyrmont"
BLOG "EinWeltbad wie Pyrmont" Kurstadt und Nationalsozialismus 1918-'1968'

Unter dem Titel „Der Blick auf die Mikroebene. Zum Erkenntnispotential jüngerer Lokalstudien zum Nationalsozialismus und seiner Nachgeschichte“ findet vom 9. bis 10. Mai 2025 die Abschlusstagung des Projektes "Ein Weltbad wie Pyrmont.“ Kurstadt und Nationalsozialismus, 1918-'1968' statt. Das Projekt unter der Leitung von Cornelia Rauh (Leibniz Universität Hannover) und Melanie Mehring (Museum im Schloss Bad Pyrmont) zielt darauf ab, mit einem studentischen Team Material für eine Ausstellung zur NS-Geschichte der Kurstadt und ihrer Nachgeschichte zu ermitteln und dieses konzeptionell aufzubereiten. Die Ausstellung wird in Regie des Museums Ende 2025/2026 stattfinden. Der Fokus der Tagung liegt ausgehend von der wenig erforschten Kurgeschichte während der NS-Zeit auf dem allgemeinen Erkenntnispotential jüngerer Stadt- und Lokalgeschichten zum Nationalsozialismus und seiner Nachgeschichte. Auch die Frage der Vermittlungspraxis von NS-Lokalgeschichte im 21. Jahrhundert soll am Fallbeispiel des Kurortes Bad Pyrmont diskutiert werden. Es gilt, anhand der Tagungsbeiträge das Potenzial von Mikrostudien mit stadt- oder ortsgeschichtlicher Perspektive zu identifizieren ebenso wie die methodische Vorgehensweisen und spezifische Chancen und Erfordernisse, die die Erforschung der NS-Geschichte von Kurorten mit sich bringt. Um Anmeldung im Museum im Schloss Bad Pyrmont unter info@museum-pyrmont.de oder 05281 606771 wird gebeten.

In diesem Wintersemester fand ein weiteres Praxisseminar an der Universität Hannover statt, dass unser Projekt zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus ergänzte. Im Vordergrund stand dieses Mal die direkte Nachkriegszeit. Das Seminar endete am 5. Juli mit einem mehrstündigen Blockseminar in Bad Pyrmont, bei dem die Studenten ihre Ergebnisse vortrugen. Das Seminar fand an einem besonders passenden historischen Ort statt: Dem Quäkerhaus in Bad Pyrmont. Nachdem die Teilnehmer von einem der Mitbegründer der Pyrmonter Quäkerkolonie in Friedensthal, Ludwig Seebohm, persönlich begrüßt wurden (passenderweise fand an dem selben Wochenende der Pyrmonter Fürstentreff statt, bei dem historisch gekleidete Personen, die berühmten Pyrmonter Kurgäste und Persönlichkeiten wieder lebendig werden lassen), referierte einer der Teilnehmer, Tom Binner, über Otto Buchinger. Der Pionier auf dem Gebiet des Heilfastens eröffnete 1936 eine erste Fastenklinik in Bad Pyrmont. Neben dem Ehepaar Friedrich war er außerdem der engagierteste Quäker seiner Zeit. Marie Holtin untersucht gerade für ihre Masterarbeit das Image Bad Pyrmonts während des Nationalsozialismus, das auffällig unpolitisch zu sein scheint. Bezeichnend ist jedoch, dass sich die Verantwortlichkeiten bei der Imagebildung zugunsten der Partei verschieben und dass Bürgermeister Hans Zuchhold eine immer zentralere Rolle einnimmt. Robin Tammen hat die Entstehungsgeschichte des Denkmals für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs näher untersucht, dessen Grundsteinlegung und Einweihung propagandistisch inszeniert wurden. Franz Neuhaus leistet gerade für das Projekt essentielle Grundlagenarbeit. Er transkribiert die lange verschollenen geglaubten Ratsprotokolle und berichtete von den Tücken alter Handschriften und gab einen ersten Überblick über die Inhalte der Protokolle. Aileen Meyer und Daniel Kreutz gaben zum Schluss einen ersten Überblick über die Quellenlage zu Kurkliniken und zur Flüchtlingsunterbringung in der direkten Nachkriegszeit in Bad Pyrmont. Besonders fruchtbar war der Austausch mit den Gästen, die extra zu dem Seminar gekommen waren. Zu den lokalen Experten gehörten Jan Timmer (Kreisarchivar des Landkreises Hameln-Pyrmont), Dr. Dieter Alfter (Stadtarchivar der Stadt Bad Pyrmont), Jörg Schade und Carl-Herbert Braun (Pyrmonter Theater Companie), Adelheid Ebbinghaus (Heimatbund Bad Pyrmont) sowie Vertreter der lokalen Quäkergemeinde. Besonders gefreut haben sich die Organisatoren über die Teilnahme von PD Dr. Lu Seegers, Leiterin der Schaumburger Landschaft und Herausgeberin der Publikation „Kurorte in der Region - Gesellschaftliche Praxis, kulturelle Repräsentationen und Gesundheitskonzepte vom 18. bis zum 21. Jahrhundert“ sowie von dem gebürtigen Bad Pyrmonter Prof. Dr. Michael Wildt, bis April 2022 Professor für Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. So konnten viele lokale Aspekte in einen größeren Gesamtzusammenhang eingeordnet werden und die Stundeten erhielten wertvolle Hinweise für ihre weitere Recherche.

Für unser Projekt „Ein Weltbad wie Pyrmont“. Kurstadt und Nationalsozialismus, 1918-‚1968‘“ in Kooperation mit dem Historischen Seminar der Universität Hannover stecken die wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräfte gerade tief in den Archiven und sind dabei die Quellen zu sichten, zu strukturieren und einzuordnen. Dabei stoßen wir immer wieder auf neue, spannende und wichtige Archivalien. Zuletzt war die Freude besonders groß, als wir einen Teil der verschollen geglaubten Ratsprotokolle aus der Zeit des Nationalsozialismus wiederfinden konnten. Viele der Quellen (u. a. auch die Ratsprotokolle) sind handschriftlich verfasst, häufig auch noch in Sütterlin, was das Arbeiten mit den Quellen für uns leider sehr erschwert. Deshalb möchten wir Sie um Hilfe bitten: Können Sie Sütterlin lesen und hätte Lust uns zu unterstützen? Konkret geht es darum einige ausgewählte Quellen zu transkribieren – also einfach gesagt: abzutippen. Sie würden uns einen großen Gefallen tun und vielleicht macht es euch ja auch Spaß in den historischen Dokumenten zu lesen und die ein oder wichtige Entdeckung zur Pyrmonter Geschichte zu machen. Wir würden die Quellen digitalisieren, sodass man jederzeit bequem von zuhause aus daran arbeiten könnte. Wer Zeit und Lust hat, kann sich gerne im Museum melden: info@museum-pyrmont.de oder per Telefon 05281 606771.